Eine sommerliche Novemberwoche in Ägypten
Eine sommerliche Novemberwoche in Ägypten
Willkommen zu unserem aktuellen Wochenbericht vom Roten Meer! Jede Woche nehmen wir euch hier mit in die faszinierende Unterwasserwelt Ägyptens, berichten von spannenden Tauchgängen, stellen unseren Fisch der Woche vor und werfen einen Blick auf aktuelle Entwicklungen aus dem Land der Pharaonen. Außerdem gibt es immer wieder nützliche Tipps und Empfehlungen für alle, die ihren Urlaub in Ägypten noch entspannter und erlebnisreicher gestalten möchten. Viel Spaß beim Lesen und Abtauchen! Eine sommerliche Novemberwoche in Ägypten, hier ist unser Rückblick:
Hochsommerliche Temperaturen im Spätherbst
Pünktlich zum Start in den November kehrte hier am Roten Meer der Sommer noch einmal zurück. Es war nicht nur komplett windstill in der vergangenen Woche, die Temperaturen lagen auch konstant über der 30 °C-Marke. Wer seinen Pulli für abends schon bereitgelegt hatte, der konnte ihn getrost noch einmal zur Seite legen. Wir haben das großartige Wetter natürlich ausgenutzt und auch mal die eine oder andere größere Reise mit unserer Bahlul unternommen.
Wir starteten mit viel Vorfreude ins Tauchwochenende und in den neuen Monat. Während die einen die Tauchplätze rund um Giftun unsicher machten, zog es die anderen Richtung Norden. Bei Erg Somaya fand das jährliche Fledermausfischtreffen statt, bei Fanadir traf sich alles, was sich am liebsten mit etwas Gift gegen Fressfeinde verteidigt. Überall warteten Unmengen von Schwarmfischen und ein einsamer Schiffshalter suchte Anschluss. Alles in allem ein sehr entspannter Samstag im Roten Meer.
Der Sonntag erwartete uns mit Kaiserwetter und wir nutzten die Gelegenheit, um noch etwas weiter in den Norden zu düsen. Shaab Mike war unser Ziel für den ersten Tauchgang. Dieser unberührte Korallengarten ist jede Minute der weiteren Anfahrt wert. Bei Abu Nugar warteten Delfine, am Carless war es wie immer wunderschön und Shaab Pinky glänzte im Herbstsonnenschein. Ein perfekter Sonntag!
Unsere Bahlul auf großer Fahrt
Auch der Wochenstart präsentierte sich hell, schön und vor allem absolut windstill. Wieder zog es uns in den Norden oder auch an die Außenseiten der Giftun-Inseln. Shaab Timmi bot tolle Eindrücke an der imposanten Steilwand und bei Shaab Nenad hatte es sich ein Federschwanz-Stechrochen gemütlich gemacht. Delfine gabs bei Shaab Samir und eine Schildkröte bei Shaab Pinky. Da soll noch einer sagen, der Montag sei der langweiligste Tag der Woche – bestimmt nicht im Roten Meer!
Den Dienstag nutzten wir, um ganz früh zur Thistlegorm aufzubrechen. Nach vier Stunden Fahrt in den Norden waren alle bereit für zwei tolle Wracktauchgänge. Auch diesmal ging innen und außen lang und die Kameras waren hinterher reich gefüllt. Am Mittwoch durften wir uns bei Umm Gamar Nordwest über einen vorbeiziehenden Weißspitzenriffhai freuen. Auch sonst genossen alle den schönen Drift über das Korallenplateau.
Am Donnerstag machten wir uns wieder frühmorgens auf mit unserer Bahlul, diesmal Richtung Süden. Unsere Tauchgäste hatten sich einen Ausflug zur Salem Express gewünscht. Wir haben diesen Wunsch erfüllt und zwei Tauchgänge am 115 m langen Wrack gemacht, das vor fast genau 34 Jahren auf sehr tragische Weise sank. Wir tauchten langsam und respektvoll um das große Schiff herum und freuten uns über die Fische und Korallen, die hier inzwischen ihre Heimat gefunden haben. Nach dieser tollen Woche sind wir schon ganz gespannt, wie lange der Sommer noch bei uns bleibt und was wir nächste Woche alles erleben dürfen.
Unser Meerestier der Woche: Die Spanische Tänzerin
Unter uns Tauchern ist sie ein Star, sie ist leuchtend rot und wunderschön anzusehen: die Spanische Tänzerin, wissenschaftlich Hexabranchus sanguineus genannt. Kaum ein anderes Tier im Roten Meer zieht so sehr die Blicke auf sich, wenn es mit anmutigen, wellenförmigen Bewegungen durch das Wasser gleitet. Die auffällige Nacktschnecke verdankt ihren Namen ihrem Aussehen und ihrer besonderen Fortbewegung. Wenn sie schwimmt, erinnert ihr flatternder Mantelrand an das wallende Kleid einer Flamenco-Tänzerin.
Die Spanische Tänzerin ist in tropischen Gewässern weitverbreitet, vom Roten Meer über Ostafrika bis nach Japan und Polynesien. Meist erreicht sie eine Länge von 20 bis 30 Zentimetern, größere Exemplare sind Ausnahmen. Charakteristisch sind ihre samtartige Haut, der breite Mantelrand und die büschelförmigen Kiemen am Hinterende, die ihr den Gattungsnamen „Hexabranchus” (Sechskiemer) einbrachten. Da sie nachtaktiv ist, findet man sie tagsüber selten. Meist entdeckt man nur ihr Gelege, das aussieht wie ein rotes Ballettröckchen, das an einem Fels hängt.
Nahrungstechnisch ist die Spanische Tänzerin wählerisch: Sie frisst nur bestimmte Schwämme und speichert deren giftige Inhaltsstoffe in ihrem eigenen Gewebe. So schützt sie sich und sogar ihre auffälligen, rosenförmigen Eibänder vor Fressfeinden. Das ist ein beeindruckendes Beispiel für eine perfekt ausgeklügelte Verteidigung in der Natur. Für uns Taucher ist sie ein wunderschöner Anblick, für Forscher ein spannendes Studienobjekt. Denn die Spanische Tänzerin zeigt, wie viel Leben und Vielfalt sich noch in den tropischen Meeren verbirgt und dass selbst vermeintlich bekannte Arten noch immer Überraschungen bereithalten.
Denn hinter der vermeintlich bekannten Art steckt mehr, als man lange dachte. Neueste Forschungen haben ergeben, dass die Spanische Tänzerin kein einzelnes Tier, sondern ein ganzer Artenkomplex ist. Molekulare Analysen und genaue Beobachtungen zeigten, dass sich hinter dem bisherigen Namen Hexabranchus sanguineus mindestens fünf verschiedene, aber fast identisch aussehende Arten verbergen. Doch egal welche Art – wir freuen uns über jede!
Das Große Ägyptische Museum wurde mit einer großen Feier eröffnet
Nach über 20 Jahren Bauzeit war es am vergangenen Samstag nun endlich so weit: Das Große Ägyptische Museum (GEM) wurde offiziell eröffnet. Das GEM befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Pyramiden und soll zukünftig täglich unzählige Besucher aus allen Ländern anziehen. Über 20 Jahre hat es gedauert, den Bau endgültig fertigzustellen. Verantwortlich für die lange Bauzeit waren finanzielle, politische und logistische Herausforderungen, die zwischendurch zum Stillstand des Projekts führten. In den vergangenen Jahren schritt die Fertigstellung jedoch immer weiter fort, sodass Teile des Museums bereits vor der offiziellen Eröffnung für den Besucherverkehr zugänglich gemacht werden konnten.
Auch die Eröffnungsfeier selbst wurde bereits von Juli auf November verschoben. Dementsprechend groß war die Freude, dass nun endlich alle Hindernisse beseitigt waren. Der Eröffnungssamstag wurde zum nationalen Feiertag erklärt. Überall in Ägypten konnte man die Feierlichkeiten live miterleben. Auch in vielen Restaurants und Bars in Hurghada versammelten sich Einheimische und Besucher, um das Spektakel auf Bildschirmen zu verfolgen. Die Zeremonie vereinte zahlreiche Staats- und Regierungschefs, königliche Gäste sowie internationale Delegationen. Auch unser Bundespräsident Steinmeier war angereist, um dem Ereignis beizuwohnen. Die Eröffnungsfeier war eine spektakuläre Inszenierung aus Licht-, Musik- und Drohnenshows, die die historische Kulisse mithilfe modernster Veranstaltungstechnik in ein riesiges Freilufttheater verwandelte.
Seit letztem Dienstag ist das Museum nun regulär für alle Besucher geöffnet. Man erlebt ein architektonisches Meisterwerk, das zeitgenössische Formen mit ägyptischer Monumentaltradition verbindet. Das GEM bietet auf großzügigen Flächen moderne Ausstellungsräume, Bildungsbereiche und interaktive Vermittlungsstationen. Im Zentrum der Dauerausstellung steht erstmals die weitgehend vollständig gezeigte Sammlung des Grabes von Tutanchamun mit mehreren tausend Objekten, darunter Goldschmiedearbeiten, Särge und Alltagsgegenstände, ergänzt durch monumentale Skulpturen und Schiffsrekonstruktionen.
Die Eröffnung war sowohl kulturelles Ereignis als auch ein strategischer Schritt Ägyptens zur Stärkung des Tourismussektors; das GEM soll Besucherströme bündeln, Bildungsprogramme fördern und internationale Forschungspartnerschaften erleichtern.
Khaled El-Enany offiziell als Generaldirektor der UNESCO bestätigt
Es hatte sich bereits angekündigt und die Wahl galt nur noch als Formsache. Seit vergangener Woche ist es nun offiziell: Die 43. Generalkonferenz der UNESCO hat in Samarkand in Usbekistan den ägyptischen Forscher Khaled El-Enany zum neuen Generaldirektor gewählt. Er ist jetzt zunächst für vier Jahre im Amt, die Amtszeit kann dann um weitere vier Jahre verlängert werden. Das ist tatsächlich ein historischer Erfolg für Ägypten. Mit 172 von 175 Stimmen erreichte er ein beispielloses Ergebnis, das einen breiten internationalen Konsens widerspiegelt.
Unter anderem gratulierte der ägyptische Außenminister Abdelatty nicht nur El-Enany, sondern auch Präsident El-Sisi sowie dem gesamten ägyptischen Volk. Er betonte, dass die Wahl das Ergebnis einer über 30 Monate langen, intensiven Kampagne ist. Die Wahl markiert auch einen weiteren Meilenstein in Ägyptens Engagement auf der internationalen Bühne und zeigt den wachsenden Einfluss der ägyptischen Außenpolitik.
Bereits im Oktober hatte El-Enany in Paris bei der Abstimmung des UNESCO-Exekutivrats einen historischen Sieg errungen mit 55 Stimmen gegenüber nur zwei für seinen Konkurrenten aus der Republik Kongo. Khaled El-Enany, 1971 in Gizeh geboren, ist Ägyptologe und war von 2019 bis 2022 Minister für Tourismus und Altertümer. Zuvor leitete er das Ägyptische Museum in Kairo und lehrte an der Helwan-Universität. Er promovierte 2001 an der Universität Paul Valéry Montpellier III in Frankreich und spricht fließend Arabisch, Englisch und Französisch.
Als UNESCO-Kandidat Ägyptens setzte El-Enany auf Transparenz, Inklusivität und Dialog. Er will die Organisation zu einer „UNESCO für die Menschen” machen. Im September wurde er zudem mit dem französischen Orden „Chevalier de la Légion d’honneur” ausgezeichnet. Dies gilt als eine Anerkennung seiner langjährigen Verdienste um Bildung, Kultur und internationalen Austausch. Mit seiner Wahl übernimmt El-Enany als erster Ägypter und Araber sowie als zweiter Afrikaner überhaupt die Führung der UNESCO. Dies gilt als ein historischer Moment für Ägypten.
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Schon gewusst? Das Rote Meer ist eines der artenreichsten Meere der Welt. Trotz seiner relativ kleinen Fläche beherbergt es eine erstaunliche Vielfalt an Leben. Mehr als 1.200 verschiedene Fischarten und über 200 Korallenarten sind hier zu finden, darunter unzählige Schnecken, Garnelen und Seeigel. Etwa zehn Prozent der Fischarten sind endemisch, also ausschließlich im Roten Meer heimisch. Zu ihnen zählen der leuchtend blau-gelbe Arabische Kaiserfisch, der Rotmeer-Anemonenfisch, der Rotmeer-Wimpelfisch sowie gleich mehrere Rotmeer-Falterfische und der kleine König-Salaomon-Zwergbarsch. Das Zusammenspiel dieser einzigartigen Lebewesen macht das Rote Meer zu einem wahren Unterwasserparadies
Eine sommerliche Novemberwoche in Ägypten
Das war’s für diese Woche vom Roten Meer. Wir hoffen, euch hat unser Wochenbericht gefallen. Bleibt neugierig, passt auf euch auf und bis zum nächsten Mal, mit neuen Eindrücken aus dem Land zwischen Wüste und Wasser!
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